Das Buch gibt es zweimal. Es ist zuerst im Jahre 1989 bei Diogenes erschienen mit Zeichnungen von Tomi Unterer. Das war ein Glücksfall. Ich konnte damals noch schreiben, was ich wollte. Es gab keine Vorschriften. Ich musste keine Rücksicht nehmen. Es ist dann auch ein bisschen heftig geworden. An manchen Stellen. An anderen Stellen nicht.
Im Jahr 2000 ist es noch einmal neu erschienen, diesmal bei Arena mit Zeichnungen von Jackie Gleich. Die sind sehr schön geworden. Die sind es auch, die man hier sehen kann.
Geschrieben habe ich das Buch, als ich einen kleinen Menschen erwartete: meine Tochter. Meine Frau war gerade schwanger und da habe ich mir vorgestellt, wie das wohl werden soll, wenn da noch ein kleiner Mensch in diese Welt kommt. Die kleinen Tiere sind eigentlich Menschen. Die Welt, die sie erwartet, ist nicht immer freundlich zu ihnen. Weder zu den Tieren noch zu den Menschen. Da gibt es allerhand Gefahren, die weder die Tiere noch die Menschen richtig verstehen.
Manche Tiere werden auch gegessen. Nicht die kleinen Tiere wie die Mäuse, aber die Schweine. Was soll man davon halten? Das habe ich mir alles überlegt. Ich habe die Geschichten so geschrieben, dass die Leser auf der Seite der Tiere sind. Die Leser verstehen die Tiere. Wenn die Menschen reden, verstehen die Tiere das nicht. Tiere und Menschen reden aneinander vorbei. Sie leben in einer Welt, aber doch in verschiedenen Welten.
Die Tiere sind mehr als mutig, sie sind sogar übermütig. Sie tun Sachen, die sie lieben bleiben lassen sollten. Die Mäuse halten ihre Schwänze in den Toaster, stellen unten an und gucken, wer seinen am längsten drin halten kann. Nur so. Aus Jux und Dollerei. Sie beißen sogar Elektrokabel durch. Sie wissen nicht, was sie anrichten. Auch der Hahn will hoch hinaus, obwohl er gar nicht fliegen kann, er will sogar den Wetterhahn übertreffen, der ganz oben auf der Kirchturmspitze zu sehen ist
Es gibt nicht nur Unglück. Es gibt auch Glück. Erstaunlicherweise. Das kleine Eichhörnchen ist ein richtiger Glückspilz – ein Pilz natürlich nicht, ein Eichhörnchen. Es sammelt Briefmarken. Dabei sollte es lieber Nüsse sammeln und sich einen Vorrat für den Winter anlegen. Es sieht zuerst ganz schlecht aus. Aber dann ist Fußball-Weltmeisterschaft und die deutsche Mannschaft verliert gegen ein Team aus Afrika. Und so kommt das Eichhörnchen zu seinem Glück und zu guter Nachbarschaft. Es ist schon erstaunlich, wie die Dinge in der Welt zusammenhängen.
Als das Buch noch einmal neu herauskam, ist auch eine Geschichte dazugekommen. Nämlich die von den Waschbären. Die sind sowieso dazugekommen. Die lebten früher nicht bei uns – und in dem Buch von den kleinen Tieren gibt es ansonsten nur Tiere der Heimat. Mit den Waschbären sind damit Tiere mit Migrationshintergrund dazugekommen. Die bringen auch neue Sitten und Gebräuche mit. Sie waschen bekanntlich. Dazu klauen sie aus dem Supermarkt Mineralwasser. Und dann passiert es: Sie haben nicht etwa eine Flasche Wasser erwischt, sondern eine Flasche Wodka.
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Es hat sich noch etwas geändert. In der ersten Ausgabe werden die beide Störche, die eine sehr mühselige Reise in den Süden hinter sich haben und zwischendurch im Flugzeug mitgeflogen sind, das von Terroristen abgeschossen wurde, wären beinahe in der Wüste verdurstet, wenn sie nicht ein Neger gerettet hätte. Das ist geändert worden. Denn der Neger soll nicht mehr „Neger“ genannt werden. Dabei hatte der Neger, den ich persönlich kenne, gar nichts dagegen in dem Buch als „Neger“ erwähnt zu werden.
Noch etwas hat sich geändert. In der erste Version gibt es zwei Hasen, die auf verschiedenen Seiten einer Eisenbahnlinie wohnen und nicht zusammensein können, obwohl sie sich lieben. Damit sollte die deutsche Geschichte erzählt werden, von jungen Menschen, die nicht zusammenkommen können, auch wenn sie sich lieben, weil sie auf verschiedenen Seiten einer Grenze leben. Das hat sich in Deutschland geändert. Die Geschichte von den Hasen ist so geblieben. Nun ist sie ins Koreanische übersetzt. Korea ist immer noch geteilt. Die Geschichte von den beiden Hasen, die davon träumen zusammen zu sein, ist die Titelgeschichte in Korea.